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"One-Man-Bands" einmal unter sich - Meinungsaustausch der Straßenmusiker

Ob Evergreens von Bob Dylon, Schlager, Volksmusik oder unbekannte Kompositionen: Wer am Samstag durch Münsters Innenstadt gebummelt ist, wird sich vielleicht über die Vielzahl der Straßenmusikanten gewundert haben. Nicht das schöne Wetter hat die Künstler auf die Straße gelockt, sondern das erste Münsteraner Straßenmusikertreffen. Oguz Tarihmen, der vor acht Monaten selbst auf den Geschmack gekommen ist, hat diese Zusammenkunft ins Leben gerufen. "Neben dem gemeinsamen Musizieren liegt mir ein Austausch mit anderen Straßenkünstlern am Herzen", so der Münsteraner Student. Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch bot die Podiumsdiskussion in der Brücke, an der Prominenz wie Stephan Karnath, die "One-Man-Band" aus Krefeld, der Geiger Klaus aus Osnabrück oder der ehemalige Streetmusiker Kai Engelke, der 1981 ein Handbuch über diese Thematik verfasst hat, teilnahmen. Kadir Sözen, der Regisseur des Filmes "Kalte Nächte, der das Schicksal von vier türkischen musizierenden Straßenkinder thematisiert, war ebenfalls mit von der Partie, und natürlich durfte Münsters "Onkel Willi" bei diesem Meeting nicht fehlen.
Aber auch weniger bekannte Künstler des Metiers wie Jokkl aus Osnabrück fanden den Weg nach Münster. "Vor vier Jahren habe ich meine Leidenschaft für Straßenmusik entdeckt", so der Student, der bereits zwei Sommer lang mit seiner Gitarre durch die Lande getingelt ist. Sein Anspruch: eigene Musik mit politischer Ausrichtung. Er will damit einen Gegenpol zum "Konsumterror" in den Einkaufszonen darstellen. "Die Leute hasten häufig nur so durch die Straßen und haben nur die Einkäufe im Sinn", ist Jokkl aufgefallen. "Straßenmusik macht das ganze Stadtbild bunter und trägt auch zu einer lockereren Atmosphäre bei." Man sieht ihm beim Spiel die Lebensfreude an. Von dem Geld, was er verdient, gibt er den Obdachlosen immer etwas ab. "Schließlich dringe ich in ihr Revier ein und durch meine Anwesenheit bekommen sie von den Passanten weniger Geld."
Die meisten Musiker haben nach ein paar Jahren Straße die Schnauze voll. Nicht so "Onkel Willi", der seit über 20 Jahren dieser Tätigkeit nachgeht und sich auch seine Brötchen damit verdient. Anders als Jokkl ist der 1990 zum "Stadtmusikant" ernannte Willi darauf angewiesen, dass der Hut voll wird. "Eigene Kompositionen kommen bei den Passanten nicht so gut an", so das Stadtoriginal. "Die Leute stehen auf bekannte Melodien." Er hat musikalisch viel auf den Kasten. Seit neustem hat er auch irische und schottische Volksmusik im Repertoire. "Ich will den Barden wieder zu Ansehen und Ehre verhelfen", so Willi, der mit seiner Musik und dem ganzen Outfit viele Kinder anlockt. "Die sind mein bestes Publikum." Denn Kinder haben keine Eile. Und wenn sie stehen bleiben, um der Musik zu lauschen, gönnen sie auch die Erwachsenen eher eine Ruhepause und spenden die ein oder andere Mark.

Westfälische Nachrichten, 20. Juni 1997

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